Von richtigen und falschen Äpfel - Boomgarden

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Hintergründe Wissenswertes
 
Von richtigen und falschen Äpfeln
 
Ein Apfel kann groß oder klein, süß oder sauer, knackig oder mehlig, aromatisch oder fade sein - aber richtig oder falsch? Der Apfel als Frucht kann wohl nur insofern "falsch" sein, als er den subjektiven Erwartungen des Apfelessers nicht entspricht. Der Apfelesser muss sich dann etwas mehr Mühe geben und nicht in den erstbesten Apfel beißen, der sich ihm anbietet, sondern den Apfel zu finden versuchen, der seine Wünsche erfüllt. Ein oft nicht ganz leichtes Unterfangen bei einem Marktangebot von heutzutage kaum mal 10 Apfelsorten, wo es doch einst weltweit schätzungsweise 10.000 Sorten gegeben hat, von denen um 1940 immerhin noch etwa 200 in Norddeutschland im Handel waren.
Alkmene
Doberaner Renette
Am ehesten fündig wird man noch auf regionalen Märkten und Hofläden. Aber auch hier gaukeln Anbieter häufig eine Vielfalt nur vor, indem sie neu gefundene rote Mutante einer eingeführten Sorte als echte Neuzüchtungen bewerben, obwohl ein geschmacklicher Unterschied kaum schmeckbar ist (wie z.B. bei Jonagored und Jonagold) oder einen in Holland eingekauften besonders roten Jonagold-Abkömmling "Red Prince" nennen  und so nahelegen, diese Sorte stünde wohl in der Tradition der einst in Norddeutschland beliebten Prinzenäpfel. Da aber die allermeisten unserer modernen Handelssorten immer letztendlich von nur fünf Ausgangssorten abstammen, ist die Variationsbreite der Eigenschaften schon einmal stark eingeschränkt (Golden Delicious, Red Delicious, Jonathan, Cox Orange und MacIntosh).
 
Abgesehen von der züchterisch höchst bedenklichen Einschränkung der genetischen Vielfalt, die das ganze Sortiment gefährlich angreifbar macht, liegt in dieser Sortenauswahl auch das Hauptproblem der modernen Apfelsorten. Ausgewählt worden sind sie nämlich nach Kriterien wie hoher Ertrag, gute rote Ausfärbung, gute maschinelle Sortierbarkeit, gute Transportierbarkeit und Lagerbarkeit. Keine oder kaum eine Rolle spielen Eigenschaften, die Apfelfreunde heute interessieren wie Baumgesundheit, Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und Schädlinge, Geschmack und Inhaltsstoffe der Äpfel. Das moderne Apfelsortiment enthält vorwiegend höchst empfindliche und anspruchsvolle Sorten, die vom Fachmann im Anbau ständig betüdelt und z.B. bis zu 30 mal pro Saison gespritzt werden müssen, was natürlich ein Privatmann in seinem Hausgarten gar nicht leisten kann und auch nicht leisten will. Dies ist vor allem das Erbe des Golden Delicious, der eine Art Sündenfall in der Geschichte der modernen Apfelkultur darstellt. Ihn hat man immer und immer wieder eingekreuzt, bei manchen modernen Sorten taucht er bis zur Urgroßelterngeneration bis zu 5 mal im Stammbaum auf. Man war von ihm fasziniert, weil er eine bis dahin kaum gekannte Fruchtbarkeit mitbrachte, weswegen man seine negativen Eigenschaften - starke Anfälligkeit für alle erdenklichen Krankheiten, starker Dünge- und Pflegebedarf - einfach in Kauf nahm. Tafelobst muss ja eh gespritzt werden, so das Credo des modernen Erwerbsobstbaus.
Francoper Prinz
Hansa Prinz
Die modernen Erwerbsobstsorten sind daher eigentlich nur von den Fachleuten des Erwerbsobstbaus zu beherrschen. Bedenklich aber ist, dass Jungbäume aus diesem Sortiment meist ohne weitere Beratung und Kommentierung in Gärtnereien, Garten- und Baumärkten Privatleuten zur Bepflanzung ihrer Hausgärten angeboten werden. So kommen dann die falschen Äpfel in die richtigen Gärten und machen dann dort häufig wohlmeinende Apfelfreunde unglücklich, bis diese dann frustriert ihre Obstbäumchen rausreißen und die Finger in Zukunft vom Obstanbau lassen.
 
 
Das könnte auch besser und zufriedenstellender laufen, wenn man z.B. statt der falschen, überempfindlichen modernen Erwerbsobstsorten die richtigen Sorten nehmen würde: gesunde und robuste, an Klima und Boden des Standorts angepasste Sorten des alten und regionalen Sortiments. Diese gab es schon, bevor die Chemieindustrie ihre Zaubermittel für den Obstanbau entwickelte, sie haben den ganzen Zinnober des sog. "Pflanzenschutzes" nicht nötig und bringen trotzdem manierlich saubere und schmackhafte Früchte hervor. Ich weiß, wovon ich rede. Ich betreibe seit über 30 professionell Bio-Obstbau und habe meine Anbau-Erfahrungen aus erster Hand. Nachdem ich in meinen ersten Berufsjahren noch versucht habe, moderne, empfindliche Sorten mit Bio-Spritzmitteln in Schach zu halten, habe ich mich seit 1985 in meinem Boomgarden -Projekt verstärkt nur noch um alte und regionale Sorten gekümmert und seit 1990, als meine alte Obstbauspritze den Geist aufgab, meine Obstbäume mit gar nichts mehr gespritzt, auch nicht mit den zulässigen Bio-Mitteln. Mein Ansatz: wahrhaft ökologischer Anbau muss von gesunden, robusten Sorten ausgehen, die der Krücke eines wie auch immer gearteten "Pflanzenschutzes" nicht bedürfen. Heute, nach 30 Jahren "Üben", kann ich sagen, dass über 80 % meiner Äpfel sauber aussehen und durchaus als Tafeläpfel durchgehen, wenn ich die Bäume vor 30 Jahren nicht so eng gepflanzt hätte, wäre der Prozentsatz noch höher.
Knebusch
Roter Franz Bild von Wilfried  Marquardt
Es ist also eine gezielte Lüge, von interessierter Seite immer gern wiederholt, dass man ohne Spritzungen keine Tafelobstqualitäten erzeugen könne. Man muss dann aber auch die richtigen Sorten für den richtigen Standort auswählen und nicht einfach den ersten billigen Baum aus dem Baumarkt pflanzen. Außer der Gesundheit der Sorte gilt es, deren Ansprüche an Klima und Boden zu berücksichtigen. Wärmebedürftige Sorten, die im Weinbauklima zu Hause sind wie z.B. Weißer Winterkalvill oder Champagnerrenette, kommen mit kühlem Seeklima nicht zurecht. Und umgekehrt haben unsere Norddeutschen Sorten wie Finkenwerder Herbstprinz oder Holsteiner Cox, die kühles maritimes Klima lieben, Probleme mit zu viel Wärme. Bestimmte extreme Standorte wiefeuchte saure Moorböden oder trockene sandige Heidestandorte brauchen speziell an ihre Verhältnisse angepasste robuste Sorten, moderne Erwerbsobstsorten versagen hier völlig.
 
Es gibt diese Sorten ja durchaus noch. Manche haben wir in den letzten Jahren vorm Untergang gerettet. Und es gibt durchaus noch Menschen, die richtig beraten und die richtigen Bäume anbieten können. Die zu finden und zu befragen erspart viel unnötigen Frust, es lohnt sich, hier etwas mehr Aufwand und Kosten zu investieren.
 

Allgemeine Informationen  findet man unter www.pomologen-verein.de, wo regionale Ansprechpartner einem weiterhelfen können. In der Metropolregion Hamburg und darüber hinaus in im 200 km Umkreis um Hamburg biete ich mit dem Boomgarden Projekt alte Sorten als Früchte und Jungbäume mit der dazu gehörigen Beratung an. Allgemeine Informationen zum Thema finden Sie unter www.boomgarden.de (z.B. Veranstaltungs- und Markttermine), unser Jungbaum-Angebot finden Sie unter www.boomgardenshop.de/Jungbäume.
Ernte
 
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